Seit etwa acht Wochen spazieren und meditieren einige Menschen in Lübeck für das Grundgesetz und ihre Grundrechte. Das Wort „Freiheit“ wird viel genutzt. Doch was ist ihr Problem?
Seit Beginn 2020 begleitet uns eine Pandemie. Gab es einen Zeitraum, in dem das Coronavirus unterschätzt wurde, spitzte sich die Situation zum März hin zu. Um besonders gefährdete Menschen, unter Anderem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen, erließ die Regierung auf Basis des Infektionsschutzgesetzes teils massive Einschränkungen des Privat- und Berufslebens. Einige nachvollziehbarer als andere, jedoch nicht in Gänze falsch.
So wurden sämtliche Läden geschlossen, doch machten Amazon und Co fröhlich weiter und ließen den Infektionsschutz außer Acht, um weiter Profite zu machen. Die Folge waren Infektionen, die der Belegschaft nicht oder nur teilweise mitgeteilt wurden. Hier gab es kein Einschreiten des Staates. Der Aufruf zum Social Distancing ging auch nur bis zur deutschen Grenze. Die Menschen in Moria und anderen Geflüchtetenlagern wurden und werden sich selbst überlassen. Abstand halten und Hygieneregeln beachten ist dort nicht möglich.
Doch um den deutschen Spargel möglichst billig ernten zu können, hat man 40000 und mehr Rumän*innen, die jetzt unter ekelhaften Bedingungen in Deutschland leben und arbeiten müssen, eingeflogen. Der Profit steht wie immer vor dem Leben. Das kaputte Gesundheitssystem mit zu wenig Beschäftigten, die schlecht bezahlt werden, wird nicht mit Steuergeld gerettet, obwohl das diejenigen sind, die wir am Dringendsten brauchen. Stattdessen regnet es Hilfen für Fluggesellschaften und Kaufprämien für Autos. Also ja, es gibt viel offensiv kritisch zu betrachten, wie der Staat mit der Pandemie umgeht und wie Menschen dabei auf der Strecke bleiben.
Doch was ist nun die Kritik der sog. „Querdenker“ und „Widerstand 2020“? Sie sehen durch die Maßnahmen unsere Freiheit bedroht. Doch welche Freiheit meinen sie? Denn schaut man genauer hin, war das, was sie Freiheit nennen, nur die Freiheit zu wählen zwischen Adidas und New Balance, zwischen der einen oder anderen Partei, die am Ende mehr um lukrative Posten kämpften, als um ihre Inhalte. Dies sind Zugeständnisse/Freiheiten, die der Staat uns gibt, uns aber auch ganz schnell wieder nehmen kann. Ihnen geht es um Konsumfreiheit und für diese Konsumfreiheit sind sie bereit, auch Menschen über die Klinge springen zu lassen. Der Rest dieser „Freiheitskämpfer*innen“ verliert sich in Verschwörungserzählungen, mal mehr, mal weniger antisemitisch, aber immer brandgefährlich.Sie phrophezeien das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Das kann, ähnlich wie in Halle oder Hanau, Menschen dazu ermutigen/anspornen/bestärken als Märtyrer*innen loszuziehen, um das ihrer Ideologie nach „Böse“ zu „stoppen“.
Diese Menschen sind weder einer großen Verschwörung auf der Spur, noch geht es ihnen um tatsächliche Freiheit. Es sind nichts als Rattenfänger*innen, die ähnlich wie Parteien nur nach Stimmvieh geiern, das ihnen zujubelt und sie bewundert. Dabei ist es ihnen egal, wer zu ihrem Publikum gehört. Von Rechtsextremen und Neonazis distanzieren sie sich nicht, gehen stattdessen Hand in Hand mit ihnen demonstrieren und wollen von rechten Strukturen „lernen“.
Tatsache ist, dieses Gesellschaftssystem ist scheiße und die Mehrheit verliert an ihm. Doch das ist keine Verschwörung. Das nennt sich Kapitalismus und dieser ist die tatsächliche Krise. Also lasst euch nicht verarschen. Freiheit wird uns niemand schenken. Wir müssen sie uns erkämpfen. Die Feind*innen der Freiheit sitzen in den Parlamenten.
Doch dem Versagen des Staates stellten sich noch andere Menschen entgegen. Sie organsierten sich über Flyer und Chatprogramme um Risikogruppen bei Einkäufen und Erledigungen zu unterstützen. In den Städten wurden sogenannte „Gabenzäune“ errichtet, an denen Menschen sich bedienen konnten, wenn das Geld knapp wurde. Außerdem wurde unter Einhaltung der Hygieneregeln für die Aufnahme der Geflüchteten und die Öffnung von Hotels für Obdachlose demonstriert, um auch ihnen ein Zuhause zu bieten. Es zeigte sich eine gelebte Solidarität, die viel stärker war als jedes Gesetz und jeder Erlass. Dies sind Erfahrungen, auf denen wir aufbauen können um tatsächlich eine Welt zu schaffen, in der es Freiheit gibt. Eine Freiheit, sich selbst ohne Grenzen, Kontrollen und Abhängigkeit von Geld zu entfalten.
Für grenzenlose Solidarität und Rebellion!
Gegen jede Querfront und Verschwörungserzählung!