Redebeitrag vom 30.07 auf Sylt

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Zu dem Zeitpunkt als dieser Redebeitrag entsteht haben die Nazis bereits ihre Demo hier auf Sylt abgesagt. Viele Spekulationen, warum sie das getan haben, gibt es. Scheinbar ist die Partei intern zerstritten und baut immer weiter ab. Doch auch ohne die Demo hat sie sich nochmal in Erinnerung rufen können. In vielen Zeitungen konnte sie ihren Namen, das Motto und Teile ihres Inhaltes platzieren. Deshalb war und ist es wichtig, dass wir trotz alledem heute hier stehen und klare Kante zeigen gegen Nazis. Damit der letzte Artikel zum 30.07. von feiernden Anarchist*innen auf Sylt erzählt.

Wenn jetzt also die Nazis nicht kommen, dann kann ich ja jetzt einmal alles loslassen, was mich an den Reichen auf dieser Insel, aber auch generell ankotzt. Der Prunk und Protz, den sie hier aufgebaut haben auf dem Blut, Schweiß und Tränen so vieler, die sich am Ende, beziehungsweise mittlerweile schon in der Mitte, des Monats fragen, wovon sie sich noch was zu essen leisten sollen. All dieser Frust, die Wut und der Hass, der sich sammelt, wenn man auch nur für ein paar Minuten darüber nachdenkt. Gewand Gewandt

Doch ach, die Reichen in diesem und jedem anderen Land sind auch nur ein Symptom eines ausbeuterischen Systems. Der Kapitalismus, der hierzulande im Gewand der repräsentativen Demokratie auftritt, ist das eigentliche Problem. Die Reichen sind austauschbar.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin der letzte der nicht lauthals loslacht, wenn ihr heute den Reichen in den Vorgarten pisst, im Vorbeigehen das Auto zerkratzt oder ihnen von zu viel Dosenbier in ihre Gucci Handtaschen kotzt. Alles legitim, alles verständlich. Doch leider ändert das an unserem eigentlichen Problem nichts. Das Problem heißt Herrschaft.

Denn Politiker*innen wollen uns glauben machen, sie hätten die Lösung, wären auf unserer Seite und versprechen uns das Blaue vom Himmel herunter, damit wir nur brav weiter an die Wahlurnen treten und dort unsere Hoffnungen, Wünsche und Träume zu Grabe tragen. In dieser Welt ist kein Platz für unsere Träume und Leidenschaften, außer sie dienen der Herrschaft oder deren Wirtschaft.

Ich will nicht ewig ausholen, deshalb gehe ich nur auf ein paar aktuelle Sachen ein, die deutlich machen, dass wir unsere Hoffnung nicht auf Politiker*innen setzen sollten. Aktuell erzählen sie uns wir müssen sparsam sein, denn die Krise, der Krieg und Pandemie betrifft und alle. Wir müssen zusammen halten. Zusammen halten. Schöne Sache. Doch was machen sie? Feiern ihre Hochzeit auf Sylt auf Steuerkosten und fliegen mit Privatflugzeug zu eben jener Hochzeit. Liebe Politiker*innen, bitte geht doch beim nächsten Mal direkt zu allen Lohnabhängigen und spuckt ihnen ins Gesicht. Das ist bedeutend günstiger und kommuniziert dasselbe.

Oder ein Bundespräsident, der in der Zeitung als Vorbild für Sparsamkeit genannt wird, weil er seinen Wohnort jetzt weniger häufig beleuchten will. Wisst ihr, wo der wohnt? In einem Schloss. Wisst ihr, was der verdient? 300.000 € brutto im Jahr. Ach jetzt seid nicht so neidisch, der ist halt sparsam. Dann sollten die Leute in zum Beispiel Berlin-Marzahn einfach auch mal seltener ihre Plattenbauten beleuchten. Jeder kann es schaffen.

Der Frust sitzt tief. Bei vielen. Heizen, Essen und Sprit, alles wird teurer, für viele unbezahlbar. Ich kenne viele und mir selbst geht es eben so, ich mache mir Sorgen. Doch lasst uns nicht die Hoffnung verlieren. Lasst uns aufeinander setzen und tatsächlich zusammen halten. Ohne einen Staat, der uns kontrollieren und für die Krisen zahlen lassen will. Ohne nach unten zu treten, sondern gemeinsam die Faust nach oben zu recken.

Die Angst vor der Zukunft ist gerechtfertigt, doch lasst sie nicht euer Handeln bestimmen. Gemeinsam stürmen wir den Horizont – für ein Leben, Lieben und Lachen in Freiheit. Eine Welt, in der niemand mehr Angst haben muss.

Anarchistische Gruppe Lübeck

 

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